Von Berlin bis Belém: Der lange Weg zur Klimagerechtigkeit
Die 30. UN-Klimakonferenz (COP30) in Belém, im brasilianischen Amazonasgebiet, stand unter keinem guten Stern. Ein Brand auf dem Konferenzgelände – mutmaßlich aufgrund einer elektrischen Überlastung – sowie lautstarke Proteste indigener Gemeinschaften, die umfassenden Waldschutz und den Ausstieg aus fossilen Energien forderten, machten die tiefen Spannungen zwischen globalen Klimazielen und lokalen Realitäten sichtbar.
Auch geopolitische Herausforderungen, allen voran die Blockadetaktiken wichtiger Ölstaaten, prägten die Atmosphäre. Dennoch endete die COP30 in Belém nicht im völligen Stillstand, sondern mit einem Minimalkonsens.
Schwerpunkte der Ergebnisse lagen auf Waldschutz und Klimaanpassung. So wurde der von Brasilien initiierte Fonds Tropical Forests Forever Facility zur Bewahrung tropischer Wälder ins Leben gerufen, zu dessen Unterstützern sich auch Deutschland mit einer Milliarde Euro über zehn Jahre bekannte. Zudem erklärten die Staaten die Absicht, die Finanzmittel für Klimaanpassung bis 2035 zu verdreifachen. Da jedoch ein verbindlicher Referenzwert von 2025 fehlte, kritisierten Entwicklungsländer diesen Beschluss als unzureichend. In der zentralen Frage eines klaren Fahrplans für den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas scheiterten die Verhandlungsparteien am Widerstand der Exportstaaten fossiler Brennstoffe. Das Abschlussdokument blieb damit hinter den notwendigen Ambitionen zurück und verwies lediglich auf den bereits in Dubai (COP28) vereinbarten Prozess – ohne konkrete Maßnahmen oder Zeitplan.
Die 30jährige Geschichte der UN-Klimakonferenzen (Conferences of the Parties, COP) ist ein Spiegelbild dieser wiederkehrenden Spannungen und eine Aneinanderreihung von mühsamen Kompromissen und ambitionierten Durchbrüchen. Alles begann 1995 mit der COP1 in Berlin, die den Startschuss für die Verhandlungen über völkerrechtlich verbindliche Emissionsminderungsziele gab, da die Industrieländer als Hauptverursacher des Klimawandels in besonderer Verantwortung gesehen wurden. Nur zwei Jahre später folgte mit der COP3 in Kyoto (1997) der erste große Meilenstein: Das Kyoto-Protokoll legte erstmals rechtlich verbindliche Reduktionsziele für Industriestaaten für den Zeitraum von 2008 bis 2012 fest und etablierte internationale Marktmechanismen wie den Emissionshandel. Trotz des wegweisenden Charakters wurde das Protokoll jedoch durch den Ausstieg der USA und die fehlenden Verpflichtungen großer Schwellenländer wie China und Indien stark geschwächt.
Nach Jahren zäher Verhandlungen und enttäuschender Ergebnisse – etwa der COP15 in Kopenhagen (2009) – gelang 2015 in Paris ein historischer Durchbruch. Die COP21 verabschiedete das Pariser Klimaabkommen, das die Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst 1,5 Grad, festschrieb und erstmals alle Staaten verpflichtete, nationale Klimabeiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) vorzulegen und regelmäßig zu erhöhen. Das Abkommen etablierte damit einen globalen Mechanismus, der auf Eigenverpflichtung, Transparenz und einem Fünfjahreszyklus der Überprüfung basiert und somit die Grundlage für die weitere Klimadiplomatie schuf.
In den Folgejahren lag der Fokus auf der Umsetzung des Pariser Regelwerks. Die COP24 in Katowice (2018) spielte hierbei eine Schlüsselrolle, indem sie die detaillierten Umsetzungsregeln für das Abkommen festlegte. Die COP26 in Glasgow (2021) bekräftigte das 1,5-Grad-Ziel und erwähnte erstmals in einem Abschlusstext eine „schrittweise Reduzierung“ der Kohleverstromung und der Streichung „ineffizienter“ Subventionen für fossile Energien. Auch wenn die Formulierung auf Druck von China und Indien abgeschwächt wurde, markierte dies einen Paradigmenwechsel im Umgang mit fossilen Brennstoffen.
Schließlich führte die COP27 in Sharm el-Sheikh (2022) zur Einrichtung eines Fonds für Verluste und Schäden (Loss and Damage Fund), der hochgradig gefährdete Staaten, die von den bereits eingetretenen Folgen der Klimakrise betroffen sind, unterstützen soll. Damit wurde ein langjähriger und zentraler Forderungspunkt des Globalen Südens umgesetzt. Ein Jahr später, bei COP28 in Dubai, gelang der Beschluss einer globalen Abkehr von fossilen Energien – ebenfalls ein historischer Konsens, dessen konkrete Umsetzung jedoch weiterhin stark umstritten ist, wie Belém zeigte.
Diese Chronologie macht deutlich: Klimadiplomatie ist ein langsamer, oft frustrierender, aber unverzichtbarer Prozess internationaler Verbindlichkeit. Für die Europäische Union hat dieser global verbindliche Prozess eine besondere Bedeutung. Da die EU ihre Treibhausgasemissionen seit 1990 deutlich gesenkt hat und nicht mehr zu den größten drei Emittenten zählt – diese Rolle nehmen heute von China, die USA und Indien in dieser Reihenfolge ein – kann sie das globale Klima nicht im Alleingang schützen. Ohne verbindliche, ambitionierte Zusagen und deren Umsetzung durch die Hauptemittenten bleiben die Anstrengungen der EU, ihre Wirtschaft zu dekarbonisieren, ein klimapolitischer Tropfen auf den heißen Stein. Die Klimakonferenzen dienen der EU als unverzichtbare Plattform, um diplomatischen Druck auszuüben, Allianzen mit ambitionierten Partnern zu schmieden und die globalen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass ihre eigenen hohen Standards nicht zu einem Wettbewerbsnachteil führen. Nur im multilateralen Rahmen lassen sich alle relevanten Akteure in die Pflicht nehmen, um das 1,5-Grad-Ziel – mühsam über drei Jahrzehnte verhandelt – überhaupt in Reichweite zu halten. Die COP30 in Belém, trotz ihrer Mängel und Konflikte, unterstreicht einmal mehr die Notwendigkeit dieses globalen Ringens, dessen Ende noch lange nicht in Sicht ist.
Autor:
Dr. Bernhard Huber, CPM, CEFA
Wertpapier Produktmanagement
Stand: 1. Dezember 2025
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