Wege zum Wohlbefinden: So blühen Körper und Seele im Frühling wieder auf
Die ersten warmen Sonnenstrahlen können nicht nur der Natur, sondern auch uns Menschen zum Frühlingserwachen verhelfen. Wie können wir unseren Körper und unsere Seele im Frühjahr bewusst beim „Aufblühen“ unterstützen? Das erklärt Gisela Obermayr, Arbeitspsychologin der HYPO Oberösterreich, im Gespräch mit HYPO Perspektiven.
Im Rhythmus der Natur
„Im Winter zieht sich die Natur zurück, und der Mensch tut es ihr gleich“, erklärt Obermayr. Weniger Tageslicht, Kälte und ein oft stressiger Jahresabschluss – ob beruflich oder privat – drücken auf die Stimmung. „Viele erleben eine gewisse Mattigkeit oder Stimmungsschwankungen, manche spüren auch Ohnmachtsgefühle – vor allem durch den hohen Erwartungsdruck rund um den Jahreswechsel.“ Doch genau wie die Natur beginnt der Mensch jetzt im Frühjahr wieder aufzuleben. Die gute Nachricht: „Wir haben es selbst in der Hand, unseren Körper und unsere Psyche dabei zu unterstützen.“ Doch wie gelingt das konkret? Für Gisela Obermayr sind dabei vier zentrale Faktoren entscheidend: Bewegung, Schlaf, Ernährung und bewusste Pausen.
„Termin mit eigenem Wohlbefinden“
So simpel wie wirksam ist ausreichend Bewegung: „Schon ein flotter Spaziergang von 20 Minuten am Morgen steigert die Konzentrationsfähigkeit für mehrere Stunden“, so die Expertin. Wichtig sei es, Gewohnheiten zu etablieren: „Ein Kalendereintrag, also quasi ein „Termin mit dem eigenen Wohlbefinden“, kann helfen. Wer regelmäßige Bewegung in seinen Tagesablauf einplant, bleibt langfristig motivierter.“ Besonders wertvoll sei Bewegung im Grünen: „Auch wenn noch nicht alles blüht – selbst in städtischen Räumen wie Linz kann ein Spaziergang im Wasserwald oder entlang der Donau viel bewirken“.
Oft unterschätzt wird die Bedeutung von Schlaf. „In Mitteleuropa schlafen wir im Schnitt etwas mehr als sieben Stunden pro Nacht – oft zu wenig für eine vollständige Regeneration“, sagt Gisela Obermayr. Auf dem Weg zu einem gesunden Schlafrhythmus helfen feste Zubettgehzeiten, schlaffördernde Rituale (ob Musik, Lesen, Malen) und die Reduktion von Medienkonsum vor dem Einschlafen. „Ich bin ein Fan „Smart-freier Zonen“, also einem Schlafzimmer ohne Smartphone und Smartwatch.“ Auch eine ausgewogene Ernährung – idealerweise selbstgekocht und ohne Zusatzstoffe – unterstützt das innere Gleichgewicht und wirkt sich wiederum positiv auf die Schlafqualität aus. „Körper, Geist und Seele hängen zusammen – eine bewusste Ernährung wirkt sich auf unser gesamtes Wohlbefinden aus“, sagt Obermayr.
Bewusste Pausen
Auch untertags sind regelmäßige Erholungspausen essentiell, um langfristig leistungsfähig zu bleiben. „Wenn ich mir erst dann eine Pause nehme, wenn ich das Gefühl habe, dringend eine zu brauchen, habe ich eigentlich schon zwei notwendige Pausen überschritten“, betont Gisela Obermayr. Dabei ist die Art der Pause entscheidend: „Endloses Scrollen auf dem Smartphone hilft uns nicht bei der Erholung. Besser ist es, wirklich abzuschalten – durch einen kurzen Spaziergang, eine Tasse Tee oder einfach bewusstes Durchatmen.“
Mit Krisen umgehen: Informationsflut reduzieren
Weniger ein Frühlingsthema, denn eine allgegenwärtige Herausforderung für unser Wohlbefinden ist der Umgang mit globalen Krisen und der täglichen Nachrichtenflut. „Die wenigsten Nachrichten sind positiv, und wir erleben eine permanente „Überschallung“ von Informationen“, so Obermayr. Der Rat der Expertin: bewusst selektieren. „Eine halbe Stunde qualitätsvoller Medienkonsum pro Tag reicht völlig aus, um informiert zu bleiben. Wichtige Nachrichten erreichen uns ohnehin.“ Wer stattdessen mehr Fokus auf sein Umfeld legt und im persönlichen Hier und Jetzt lebt, kann an Lebensqualität gewinnen: „Soziale Kontakte sind ein wertvolles Backup in schwierigen Zeiten. Ein Spaziergang oder ein Telefonat mit einem guten Freund kann viel bewirken.“
Fazit: Aktiv statt passiv
Der anbrechende Frühling ist die ideale Zeit, um Körper und Geist in Einklang zu bringen. „Wohlbefinden kommt nicht von selbst, sondern ist das Ergebnis bewusster Entscheidungen“, fasst Gisela Obermayr zusammen. „Wer sich mehr bewegt, auf ausreichend Schlaf achtet, gesunde Ernährung priorisiert und bewusste Pausen einplant, wird den Frühling voller Energie genießen.“ Also: Raus aus dem Winterschlaf und rein ins Wohlbefinden!
„Mein Job ist Beruf und Berufung zugleich“
Frau Obermayr, Sie haben sich auf Arbeits- und Organisationspsychologie spezialisiert – warum?
Ursprünglich habe ich eine technische Ausbildung als Textiltechnikerin absolviert. Weil der Markt im Textilbereich aber schwierig war, habe ich mich dann umorientiert. So kam ich zum Psychologiestudium – berufsbegleitend und auf dem zweiten Bildungsweg. Dort wurde mir schnell klar, dass ich nicht in den klinischen Bereich wollte, sondern mich auf die Arbeitswelt konzentrieren möchte. Mich interessiert, wie man Arbeitsbedingungen so gestalten kann, dass Menschen langfristig gesund bleiben. Also die präventive Seite: Was hält uns in der Arbeit psychisch stabil?
Welche Themen spielen im Arbeitskontext eine besonders große Rolle?
Ein ganz zentrales Thema ist Führung. Die Art und Weise, wie eine Führungskraft kommuniziert und informiert, hat einen enormen Einfluss auf das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Erst wenn auf dieser Ebene Klarheit herrscht, kann auf der Teamebene wirklich gut zusammengearbeitet werden. Es geht nicht nur um Zahlen und Kennwerte – der Mensch muss im Mittelpunkt stehen. Das wird manchmal unterschätzt, kann aber einen großen Unterschied machen.
Was treibt Sie in Ihrer Arbeit an?
Mein Job ist für mich Beruf und Berufung zugleich: Es erfüllt mich, mit Menschen zu arbeiten und ihnen Strategien mit auf den Weg zu geben, mit Stress umzugehen. Als ausgebildete Notfallpsychologin stehe ich darüber hinaus auch in Krisenfällen zur Verfügung – auch das ist eine spannende Tätigkeit.